Steigende Office-Mieten – Warum das Immobilieninvestment in Innenstädten attraktiv bleibt
Ein Blick auf internationale Metropolen zeigt: Bei den Office-Mieten ist in Deutschland noch deutlich Luft nach oben. Und dieses Potenzial wird mit grosser Wahrscheinlichkeit realisiert werden, denn die Nachfrage hält ungebrochen an. Marcus Lütgering, Head of Office Investment bei JLL, ist sich daher sicher: Bürogebäude in den Innenstädten bleiben für Investoren weiter attraktiv.
Schaut man sich beispielhaft für die deutschen Big Seven etwa München im Vergleich zu London an, zeigt sich, wie gewaltig Potenzial ist. „Bei den Office-Mieten sind deutsche Städte im internationalen Vergleich klar unterbewertet. Während beispielsweise eine namhafte Unternehmensberatung an der Themse 96,- Euro je Quadratmeter Fläche zahlt, legt die gleiche Firma an der Isar lediglich 20,- Euro auf den Tisch“, macht Lütgering deutlich. Eine 1:1-Vergleichbarkeit dieser Werte ist natürlich mit gegebener Vorsicht zu geniessen, aber dennoch naheliegend. „Dasselbe Unternehmen, dieselbe Mitarbeiterstruktur, dasselbe Geschäft und vergleichbare Kundenbranchen – und eine Office-Miete von fast nur einem Fünftel. Ein derart extremes Gefälle macht deutlich, dass Office-Mieten selbst in den teuersten Metropolen Deutschlands noch ausgesprochen niedrig liegen“, so Lütgering. Doch die Vermietungsstände sind auf Rekordniveau, die Prognosen für Büroflächenbedarf und -umsatz bundesweit positiv – alles spricht also dafür, dass die Office-Mieten anziehen werden.
Rekordbeschäftigung hält Leerstände niedrig
Gestützt werden diese Prognosen zum Beispiel von den niedrigen Leerstandquoten. Sie sind ein zentraler Indikator dafür, ob sich ein Mietmarkt im Gleichgewicht befindet – was zur Folge hätte, dass weiteres Mietpreiswachstum ausbleibt. Wieder der Blick nach München: Entsprechend einer Studie von JLL EMEA Research ist eine stabile Leerstandquote, also Marktgleichgewicht, dort bei ca. 8 Prozent erreicht. In der Isar-Metropole stehen allerdings rund 20 Mio. Quadratmeter Bürofläche nur etwa 0,65 Mio. Quadratmeter Leerstand gegenüber, eine Quote von nur 3,20 Prozent also. „Erst wenn die Leerstände um mehr als fünf Prozentpunkte zunehmen, wird weiteres Mietpreiswachstum ausbleiben. Damit freilich ist in naher und mittlerer Zukunft kaum zu rechnen, dagegen sprechen allein schon die Beschäftigtenzahlen“, erklärt Lütgering.
2017 gingen in München rund 850.000 Menschen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Wie viele davon in einem Büroumfeld arbeiten, lässt sich zum Beispiel über die Anzahl der Beschäftigten im Dienstleistungssektor schätzen. Demnach standen etwa 600.000 Menschen in einem entsprechenden Arbeitsverhältnis. Nimmt man nun an, dass jeder dieser Beschäftigten etwa 25 Quadratmeter Bürofläche benötigt, dann müssten ca. 7 Prozent dieser Jobs wegfallen, bevor ein Marktgleichgewicht eintritt. Das allerdings wird beim derzeitigen und stabilen Höhenflug der Konjunktur kaum jemand erwarten. „Immerhin müsste erst der Bedarf an Büroflächen um etwa 1 Mio. Quadratmeter fallen, bevor Vermieter und Mieter in München wieder als ebenbürtige Verhandlungspartner auftreten. Ein derartig dramatischer Einbruch der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung ist aktuell mehr als unwahrscheinlich“, bekräftigt Lütgering. „Die Situation in München ist sicher eines der extremsten Beispiele in Deutschland, doch man kann die Stadt durchaus als Vorreiter ansehen. Es kommen immer mehr regionale Märkte mit einem Leerstand von unter 2 Prozent hinzu.“
Wenig Neubau in Bestlagen
Die Nachfrage nach Office-Immobilien bleibt in den Grossstädten also hoch, das Angebot begrenzt. Und das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben, denn die Entwicklungsmöglichkeiten im urbanen Raum sind ausgesprochen eingeschränkt. Areale für Neubau sind nur noch in sehr geringem Umfang verfügbar. Bereits jetzt verlegt man sich notgedrungen eher auf den Ausbau im Bestand. Gleichzeitig sind die Baukosten wenig attraktiv, ebenfalls getrieben vom weltweiten Konjunkturhoch und der entsprechenden Rohstoffnachfrage. Bei vollen Auftragsbüchern bestimmen zunehmend die Anbieter von Bauleistungen die Preise, ganz zu schweigen vom spürbaren Fachkräftemangel. Derzeit zeitnah und günstig zu bauen ist fast unmöglich. Der Nachfrageüberhang bei den Office-Gebäuden wird den Markt daher noch längere Zeit bestimmen.
Also Abwandern aus den besten Lagen, um bei der Büromiete zu sparen?
Wenig wahrscheinlich ist der Exodus aus den A-Lagen. Der „War for Talent“ lässt sich nicht mehr wegdiskutieren. In vielen Disziplinen sind Fachkräfte und Spezialisten schon heute echte Mangelware. Der Arbeitsmarkt wird zumindest für die gefragten Leistungsträger zu einem Bewerbermarkt. Man muss also schon etwas bieten, wenn man die Besten für sein Unternehmen gewinnen will. Eine attraktive, zentrale Lage des Arbeitsplatzes ist auf jeden Fall ein Argument, dass gegenüber Wettbewerbern den Ausschlag geben kann. Selbstverständlich wird es auch Unternehmen geben, die sich, getrieben von hohen Mieten in den besten Lagen, für alternative Standorte entscheiden. Angesichts der grossen Nachfrage stehen aber rasch finanzkräftige Nachfolger bereit. Die Mehrzahl der Abgänger wird zudem attraktive B-Lagen der grünen Wiese vorziehen und dort mittelfristig wiederum zu einem steigenden Mietniveau beitragen. Und nicht nur sie, sondern auch besonders finanzkräftige Konzerne, die ihr Investment in Bürogebäude langfristig strategisch ausrichten. Sie suchen gezielt nach zentrumsnahen Standorten in den B-Lagen, die jedoch hohes Entwicklungspotenzial mitbringen. „Ein extremes Beispiel für ein solches Unternehmen wäre Google – oder auch andere Tech-Giganten. Wenn eine Office-Immobilie den Ansprüchen genügt, ist man bereit, fast jeden Preis zu zahlen. Und sobald sich ein solches Unternehmen angesiedelt hat, wird das Quartier schnell zum Place-to-be – und aufgewertet zur A-Lage mit entsprechender Mietpreisentwicklung“, erklärt Robert Stassen, Head of Capital Markets Research EMEA, JLL.
Office-Investments bleiben in CBDs eine sichere Sache
Bleibt die Frage nach der Entwicklung der Leitzinsen. Würden sie merklich steigen, träten andere Anlageprodukte in Konkurrenz mit dem Investment in Immobilien. Damit ist derzeit und auf lange Sicht aber nicht zu rechnen, vor allem nicht in Europa, so die Einschätzung von Lütgering. Griechenland ist in Sachen Überschuldung bei weitem nicht über den Berg. Italien steht in dieser Hinsicht ebenfalls auf eher tönernen Füssen. Will man den Euro halten – und daran ist nach politischer Grosswetterlage wohl kaum zu zweifeln – wird man den überschuldeten Mitgliedsstaaten wohl oder übel weiter mit einem niedrigen Leitzins unter die Arme greifen müssen. Und die ebenfalls vorsichtigen Schritte der US-amerikanischen Fed nehmen derzeit sogar positiven Einfluss auf das Immobilien-Investment hierzulande. Die EZB folgt der Fed mit einem erheblichen Abstand von zeitweise mehr als 30 Monaten. „Durch diese Verzögerung ist Deutschland in Sachen Immobilieninvestment aktuell ein besonders attraktiver Standort für internationale Anleger, die ihr Portfolio diversifizieren wollen“, weiss Stassen.
Keine Sorge also beim Investment in Office-Flächen, jedenfalls im City Business District. Steigende Mieten werden selbst etwaige Zinserhöhungen mehr als ausgleichen. Die Nachfrage nach Flächen in hochwertigen Lagen ist ungebrochen, und die Pipeline auf Angebotsseite stottert erheblich: Ein echter Vermietermarkt also – und damit ein sicherer Hafen für Investoren.
Von Alexander Schneiders