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Small is beautiful. Warum kleine Industrial-Transaktionen unsere Spezialität sind. Ein Interview

Juni 05, 2018

Logistik- und Industrieimmobilien als Anlageobjekte haben Konjunktur – keine Frage. Im letzten Jahr erreichten die ohnehin schon länger anhaltenden Rekordzahlen einen neuen Höhenflug. Nie zuvor war das Transaktionsvolumen so hoch und um ganze 84 (!) Prozent höher als noch im Jahr davor. Als Treiber für den Boom bekommen meist die Big Deals die grosse Aufmerksamkeit, wie z.B. der Verkauf des europäischen Logicor-Portfolios durch Blackstone an China Investment Corporation mit einem Deutschlandanteil von knapp 2 Milliarden Euro.

     

     

Was man darüber aber oft vergisst: Den soliden Unterbau für den Erfolg der Assetklasse bilden die kleineren und mittleren Transaktionen, Portfolien und Objekte. Transaktionen bis 15 Millionen Euro sind essentiell und vor allem auch während weniger positiven Marktlagen weitgehend stabil. Und sie stellen eine grosse Herausforderung für den Vertrieb dar. Weil er vor allem den regionalen Markt bis ins kleinste Detail kennen muss. Weil jeder seiner Kunden ganz individuelle, meist auch ortsgebundene Bedürfnisse hat. Und weil sich gutes und langfristiges Relationship nicht mal eben so festigt.

Unser frisch aufgebautes MidCap-Team aus Lokalexperten kennt seine jeweilige Region genau. Und dennoch findet ein regelmässiger überregionaler Austausch statt. Das ist gut. Nicht nur für unsere Kunden, sondern auch für unsere Blogredaktion. So waren alle für ein Interview an einem Tisch versammelt. Eric Leiss (Frankfurt), Thomas Schilke (Berlin), Philipp Roll (Hamburg), Joachim Smejkal (München) und Marc Stolte (Düsseldorf) über gute „kleine“ Sales-Stories, aufgeschlossene Investoren, postmoderne Seidenstrassen und die Zukunft der Logistikimmobilie.

Was reizt an kleineren und mittleren Industrial-Projekten?

Philipp Roll: Projekte im MidCap-Bereich sind immer individuell. Es ist einfach spannend, wenn man beim genauen Blick auf das jeweilige Objekt Alleinstellungsmerkmale herausarbeiten kann, die – anders als bei einer grösseren Logistikimmobilie – nicht auf den ersten Blick ins Auge fallen.

Marc Stolte: Das stimmt. Es gibt kaum Standardobjekte, genauso wenig wie immer gleiche Gewerbestandorte. Denn auch die haben meist völlig unterschiedliche Entstehungsgeschichten mit unterschiedlichen Interessen. Man muss sich immer wieder auf neue Gegebenheiten einstellen.

Eric Leiss: Man muss eben gerade bei kleineren Objekten immer wieder eine gute Story finden, diese positiv am Markt platzieren und möglichen Käufern Potenziale aufzuzeigen, die dieser nicht gleich erkennt. Jeder davon springt auf andere Dinge an – das herauszufinden, fordert immer wieder neu heraus.

Stichwort Kunde – welche Bedürfnisse haben Anleger heute?

Joachim Smejkal: Jeder Anleger hat seine eigene Strategie und Historie. Einige investieren schon seit langer Zeit in Industrie- bzw. Logistikimmobilien. Sie besitzen das Gefühl für die Objekte, kennen die Werttreiber und Risiken. Und sie stehen vor der Herausforderung, in einem umkämpften Markt die passenden Objekte zu finden – und suchen deshalb den regelmässigen Austausch mit uns. Auf der anderen Seite gibt es viele, die sich erst allmählich für Industrial Investments öffnen. Hier geht es vor allem darum, verschiedene Produktkategorien, allgemeine Marktentwicklungen sowie mögliche Standorte aufzuzeigen.

Thomas Schilke: Es geht vor allem auch um schnelle Transparenz und Klarheit. Im ersten Step brauchen Anleger alle wichtigen und relevanten Informationen, um kurzfristig und ohne grossen Zeit- und Kostenaufwand entscheiden zu können, ob das jeweilige Angebot in ihre aktuelle Ankaufsstrategie passt.

Ihr habt oft mehrere Kunden gleichzeitig. Wie stellt ihr sicher, dass ihr auf jedes Bedürfnis individuell eingehen könnt?

Roll: Die internen und externen Prozesse müssen funktionieren und ständig optimiert werden. Das spart immens Zeit und erlaubt, auf jede einzelne Fragestellung des Kunden individuell einzugehen. Objekt, Marktumfeld, Zielinvestoren, Sales Story – als das analysieren und erarbeiten wir im Detail schon vor dem eigentlichen Transaktionsprozess. So gibt es in keiner Phase des Projektes offene Punkte.

Stolte: Es darf auch keine Prioritäten geben – jeder Kunde bekommt den gleichen „Servicegrad“ und wird mit der gleichen Wertigkeit behandelt.

Wie wichtig ist der Austausch für die Marktkenntnis? Wie wichtig ist es, auch überregional am Ball zu bleiben?

Smejkal: Nur so können wir voneinander lernen und oftmals Kunden, deren Portfolio sich auf ganz Deutschland erstreckt, auch andernorts mit lokaler Expertise beraten. Der Team-Gedanke spielt eine grosse Rolle für unseren Erfolg.

Leiss: Das geht auch weit über unser Industrial Team hinaus. Der Austausch mit Kollegen aus anderen Abteilungen ist mindestens genauso wichtig. Denn viele Käufer investieren ja überregional UND in eine ganze Bandbreite verschiedener Assetklassen. Übergreifendes Wissen ist für unsere Arbeit essentiell.

Und warum macht es dann Sinn, lokale Experten für jeden Standort vor Ort zu haben?

Roll: Investmententscheidungen brauchen eine objektive und so detailreiche Grundlage wie möglich. Nur wer sein spezifisches Marktgebiet genau und aus dem täglichen Handeln heraus kennt, entwickelt ein Gefühl für bestehende und vor allem neue Potenziale am Standort. Aktuelle Entwicklungen vor Ort kriegt nur mit, wer da ist.

Smejkal: Da wir uns oftmals in spezielleren Lagen oder wie man so schön sagt, in der Peripherie, befinden, ist es enorm wichtig, die Stärken und Schwächen eines Objektes genau zu verstehen. Viele Dienstleister auf überregionaler Ebene dringen nicht so weit vor und können deshalb die Marktentwicklung nur ungenau einschätzen.

Das Angebot wird immer knapper. Wie beeinflusst das eure Arbeit und wie findet ihr immer das passende Anlageobjekt?

Schilke: Ja, die Nachfrage ist gut, aber gerade im MidCap-Bereich geht noch lange nicht jedes Produkt für jeden Preis. Wir stehen oft vor der Frage, ob ein Objekt in einer schwierigen Lage zu den Kaufpreisvorstellungen des Verkäufers Vermarktungschancen hat.

Stolte: Genau. An Anlageobjekten mangelt es uns derzeit nicht. Aber nicht jedes Angebot deckt sich mit der individuellen Nachfrage. Dann ist es an uns, entsprechende Alternativen zu finden. In der Regel finden sich über unsere bundesweite Vernetzung aber immer passende Optionen.

Roll: Die Knappheit im Core- und Core+ Segment eröffnet gerade uns und vor allem den Investoren auch einige neue Potenziale. Das sind zum Beispiel Objekte, die aufgrund ihrer Eigenschaften und Lage nicht in das übliche Anlageprofil passen, aber mit einer klar ausgearbeiteten Strategie durchaus als Investition in Frage kommen können.

Smejkal: Die Käufer sind ja heute weitaus aufgeschlossener für die verschiedensten Objekte als noch vor ein paar Jahren. Für sie ist es vor allem wichtig, als erster zu erfahren, wann wieder etwas veräussert wird – deshalb pflegen wir einen intensiven Kontakt mit Bestandshaltern, Corporates und Entwicklern.

Wohin geht die Zukunft der Assetklasse?

Smejkal: Die Beliebtheit der Asset-Klasse ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Das Investoren-Interesse wird höchstwahrscheinlich noch weiter steigen. Genauso wie es – u.a. aufgrund der Produkt-Knappheit – neue Kategorien geben wird wie z.B. City-Logistikzentren, aber auch ein Drang in die Vertikale. Denn wenn der Boden knapp wird, geht es wohl in Richtung mehrstöckige Hallen.

Schilke: Zudem müssen künftige Immobilien nicht nur sehr flexibel und multitenantfähig sein, sondern noch mehr Wert auf energetische Belange legen. Denn um den steigenden Mieten und Grundstückspreisen gerecht zu werden, wird bereits jetzt genau auf die laufenden Nebenkosten geschaut.

Roll: Welche Technologien letztendlich für die Logistikimmobilie wirklich bedeutsam werden, wird sich erst noch zeigen. Eines lässt sich jedoch mit Sicherheit sagen: Durch die unterschiedlichen Nutzungskonzepte und steigenden individuellen Anforderungen der Mieter wird die Drittverwendungsfähigkeit der Objekte künftig noch viel mehr im Fokus stehen als bereits jetzt schon.

Welche Tipps habt ihr für Anleger in eurer Region?

Leiss: In Frankfurt empfehlen wir Anlegern, sich Immobilien zu sichern, die heute noch vermietet sind, aber langfristig einer höherwertigen Nutzung zugeführt werden können. Insbesondere Flächen, die sich für eine 24/7 Nutzung eignen und von denen es nur noch wenige im Frankfurter Stadtgebiet gibt, lohnen sich hier. Flächen mit Entwicklungspotential befinden sich im Frankfurter Westen sowie in den östlichen Stadtteilen, aber auch der Blick ins Umland bringt durchaus etwas.

Stolte: Unter den zahlreichen Logistik-Hotspots in NRW ist vor allem der Logport in Duisburg als Anlagestandort interessant. Weil er als grösster Binnenhafen der EU und mit seinem Rhein-Zugang bis Amsterdam und Rotterdam zentralen Versorgungscharakter und damit eine hohe Logistiknutzer-Nachfrage hat. Das haben auch bereits die Chinesen erkannt, die hier in eine postmoderne Seidenstrasse, das derzeit vermutlich ambitionierteste logistisch-geostrategische Projekt der Welt, investieren. Ein deutliches Signal für die Zukunft des Standorts.

Roll: Das Angebot von klassischen Logistikobjekten ist im norddeutschen Raum begrenzt. Deshalb empfehlen wir, einen Blick auf Light Industrial sowie Sale-and-Lease-back Objekte zu werfen. In diesem Marktbereich bilden die nachhaltigen Wertschöpfungspotentiale in Verbindung mit – verglichen mit Standard-Logistikobjekten – attraktiveren Renditen, eine interessante Alternative zum klassischen Logistiksegment.

Smejkal: Auch in München sollten Anleger in die Breite gehen – die ganz grossen Objekte sind knapp, sodass es durchaus Sinn macht, auch kleinere Objekte ins Visier zu nehmen. Hier besteht viel Potenzial, das natürlich mit einer höheren Management-Intensität einhergeht.

Schilke: Berlin ist gross und der stark angewachsene Lieferverkehr verstärkt die Umweltproblematik einmal mehr. Entsprechend wachsen Nachfrage nach und Bedarf an innenstädtischen – urbanen – Citylogistik-Immobilien. Projektentwickler sollten hier künftig Schwerpunkte setzen und flexible, kleinere Flächen in Citylagen anbieten. Das lohnt, denn hier ist die grösste Mietpreissteigerung zu holen.

Vielen Dank euch für das offene Gespräch.

Von Antje Dalichow