Warum es mehr als guten Cashflow für ein erfolgreich performendes Büroimmobilien-Portfolio braucht. 3 Fragen – 3 Antworten
Wie haben sich Mietzinseinnahmen oder Betriebskosten entwickelt? Sind die Instandhaltungskosten in den letzten Wochen oder Monaten gestiegen? Wo sind Leerstände entstanden oder zurückgegangen? Und wie sehen die Zahlen im Vergleich und vor dem Hintergrund der allgemeinen Marktentwicklung aus? Das sind nur einige der Fragen, die bei der Performance-Berechnung des eigenen Immobilien-Portfolios genau beantwortet, erfasst und zur Berechnung von Cash Flow und Rendite herangezogen werden – basierend auf den bekannten Indikatoren.
Doch scheint jetzt eine neue Grösse hinzuzukommen: Die Human Experience. Hä? Mehr Menschlichkeit, Flexibilität und Motivierendes am Arbeitsplatz klingt ja gut, aber bringt all das nicht mehr den Unternehmen selbst etwas, als sich als harter monetärer Fakt auf die Portfolio-Performance auszuwirken? Kann eine inspirierende Arbeitsumgebung einen spürbaren Return on Investment für den Immobilieneigentümer generieren? Wann ist Human Experience profitabel für Investoren? Marcus Lütgering, Head of Office Investment, Stephan Leimbach, Head of Office Leasing, und Martin Hofmann, Head of Project Development, blicken tiefer. 3 Fragen – 3 Antworten:
Was sind die aktuellen Performance-Treiber für Büroimmobilien-Portfolios und werden diese in 15 Jahren noch genauso gelten oder kommen neue Indikatoren hinzu?
Marcus Lütgering: Neben den klassischen Kennzahlen wie Mietzinseinnahmen und laufenden Betriebskosten hat derzeit vor allem ein Faktor den grössten Einfluss auf die Performance eines Büroimmobilien-Portfolios: Das Mietsteigerungspotenzial. Und genau das ist es auch, an dem sich Investoren derzeit besonders orientieren bei der Entscheidung für ein Investment. Vor allem die Lage ist hier entscheidend. Derzeit haben hierzulande München und Berlin ein grosses Mietwachstum vor sich – aufgrund der sehr geringen Leerstände und des sehr positiv-prognostizierten wirtschaftlichen Wachstums. Und auch innerhalb dieser Metropolen bieten verschiedene Lagen unterschiedliche Möglichkeiten. In der Münchener Innenstadt beispielweise kann man darauf spekulieren, dass die Mieten von 35 oder 40 auf 50 Euro pro Quadratmeter steigen oder alternativ dazu kann man ins Westend gehen, wo die Miete von 15 auf 25 Euro wachsen wird.
Aktuell, allerdings noch nicht so stark wie die genannten Kennzahlen, nimmt – auf etwas indirekterem Weg – auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter der das Gebäude nutzenden Unternehmen einen Einfluss auf die Performance. Wer als Nutzer eine gesunde Wohlfühlumgebung hat, wird länger bleiben und ist oft auch bereit, eine etwas höhere Miete zu tragen. Deshalb werden mittel- bis langfristig auch Aspekte wie die Luft-, Wasser- und Lichtqualität entscheidend zur Wertsteigerung beitragen. Genauso wie die Büro-„Erlebniswelt“ mit einer hohen Aufenthaltsqualität und Coolness-Atmosphäre für eine langfristig-stabile Mieterbindung sorgen werden.
Es liegt auf der Hand: Die Kennzahlen hinsichtlich der Immobilienperformance unterliegen einem Wandel. Dennoch werden die traditionellen Kennzahlen weiter die Treiber bleiben. Nur eben stärker als bisher kombiniert mit neuen, „weichen“ Human Experience-Faktoren.
Der Trend hin zu mehr Nachhaltigkeit ist mittlerweile in zahlreichen Zertifizierungen etabliert und wird von Nutzern gefordert. Haben Zertifikate wie das WELL Building Standard an Bedeutung gewonnen oder werden sie es künftig vermehrt tun?
Stephan Leimbach: Das Thema Wellbeing rückt definitiv immer mehr ins Bewusstsein der Unternehmen. Allerdings noch mehr oder weniger stark ausgeprägt und oft als alleiniges Thema innerhalb der HR-Abteilungen. Den CHO (Chief Happiness Officer) gibt es zwar bereits vereinzelt, aber insgesamt wird das auf die strategische Ebene erhobene Konzept eher noch belächelt. Was erstaunlich ist, wo doch der sich immer weiter verstärkende War for Talents eines der aktuell und auch künftig grössten Probleme der Unternehmen ist. Wer heute durch fehlende Angebote und flexibel-kreative Arbeitsatmosphäre keinen guten Nachwuchs mehr anziehen kann, wird langfristig den – digitalen – Anschluss verlieren und seine Innovationsfähigkeit einbüssen.
Zertifikate wie WELL haben dementsprechend für den Grossteil der Unternehmen derzeit kaum Bedeutung – im Gegensatz zu BREEAM, LEED oder DGNB. Das könnte sich in Zukunft ändern. Dennoch sollte mit Blick auf Zertifizierungen eines nicht vergessen werden: Auf den Inhalt kommt es an. Denn als potenzieller Mieter spürt man sofort, wenn nur Punkte gesammelt wurden, um an die Auszeichnung zu kommen.
Talente, Arbeitsatmosphäre oder Wohlbefinden sind nur was für Nutzer, heisst es oft. Stimmt das? Oder inwieweit verändern sich die Anforderungen zur Entwicklung von Unternehmenscampussen und Co.?
Martin Hofmann: Auf den ersten Blick sind es natürlich in erster Linie die Unternehmen selbst, die ihre Zukunftsfähigkeit auf den richtigen Talenten aufbauen und dafür flexible, innovative und gesunde Arbeitswelten brauchen. Aber genau dafür brauchen sie die entsprechenden räumlichen Voraussetzungen und achten zunehmend darauf, welche Immobilien sie in welchem Umfeld anmieten. Als Investor, Projektentwickler und Eigentümer sollte man sich entsprechend aufstellen.
Das fängt in der Immobilie selbst an: Flexibilität ist mittlerweile unbedingtes Muss für ein gut performendes Portfolio. Sowohl hinsichtlich der Mietvertragslaufzeiten als auch hinsichtlich Flächen und Raumstruktur. Eine Fläche muss bereits während der Planungs- und Entwicklungsphase so an- und ausgelegt werden, dass sie sich je nach Bedarf an alle denkbaren Nutzungen anpassen lässt und der Switch zwischen Einzelbüros und Open Space schnell möglich ist – mit möglichst wenig Aufwand.
Aber auch das Umfeld wird immer wichtiger. Plätze, Grünflächen, angrenzende Gebäude, Restaurants, Geschäfte und gemeinsam nutzbare Räumlichkeiten, um Events auszurichten – all das gehört für Unternehmen und ihre Mitarbeiter mittlerweile dazu. Orte, die geistigen Freiraum zulassen und spontanen Austausch fördern – auch über das eigene Unternehmen und Büro hinaus – werden zunehmend wichtiger. Die Zusammenarbeit mit benachbarten Eigentümern und öffentlichen Institutionen zur Entwicklung eines lebendigen Urban Campus kann durchaus den entscheidenden Schub zu einer noch höheren Performance des eigenen Gebäudes bringen.
Wer mit seinen Flächen sowohl eine hohe Flexibilität als auch eine inspirierende Umgebung bieten kann, wird langfristig enorme Vermarktungsvorteile haben und erfolgreich wachsende Unternehmen für seine Immobilien gewinnen.
Von Antje Dalichow