Investition in die eigenen Büroflächen: Wieviel Fit-out muss sein, um gut zu vermieten?
Schon mal auf officesnaphots.com gewesen? Die Online-Galerie zeigt gut belichtete Einblicke in die Büros und Arbeitsbereiche grosser und auch kleinerer Unternehmen auf der ganzen Welt. Das Durchklicken macht Spass. Vorbei sind die Zeiten, in denen überall die gleichen Schreibtisch-Chefsessel-Reihen standen. Heute sieht’s hinter jeder Tür anders aus. Jedes Büro atmet seinen eigenen Charakter aus, legt Wert auf Wohlfühlatmosphäre, die sich aus Details zusammensetzt. Da hängen umgedrehte Blumentöpfe von der Decke, metallene Wandelemente rahmen kreative Ecken, grosse Werkbänke werden zu Teambereichen. Oder Betonwände und offen sichtbare Lüftungsrohre vermitteln frische Ideen und Aufbruchsstimmung.
Die Techies aus dem Dunstkreis des Silicon Valley und die auch hierzulande stark wachsende Startup-Szene haben Schwung, Weitläufigkeit und einen Tick Industrial Chic in die Welt der Büroflächen gebracht. Wer nicht von seinen kahlen Einzelbüros mit Neonröhren, Filz-Teppichen und planlos herumstehenden Kopierern abrückt, hat beim gut ausgebildeten Nachwuchs immer weniger Chancen. Offenheit, Flexibilität, Frische und eine Prise Coolness sind gefragt. Bei der Arbeits- und Unternehmenskultur wie auch beim Office-Style.
Nicht nur die Unternehmen selbst sehen sich deshalb vermehrt in der – durchaus angenehmen – Pflicht, ihre Büroflächen Young-Talent-attraktiv zu machen und mit entsprechendem Mobiliar und kleinen Design-Highlights zu bestücken. Auch für Vermieter und Projektentwickler wird das richtige Fit-out ihrer Gebäude und Flächen angesichts der sich ändernden Nutzerbedürfnisse und des enormen Mangels an hochwertigem Büroraum zu einem immer grösseren Thema.
Reichen Estrich und kahle Wände aus, um vielversprechende Mieter für seine Flächen zu finden? Reine Raumstruktur oder Komplettausstattung – wieviel Fit-out muss drin sein für eine optimale Vermarktung? Welche Kosten müssen dafür einkalkuliert werden? Und vor allem: Was ist eigentlich ein Fit-out bzw. was gehört dazu?
„Im eigentlichen Sinne umfasst das Fit-out die baulichen Materialien für Wand, Decke und Boden sowie die technische Grundausstattung“, sagt Stefanie Eisenbarth, Team Leader Workplace Strategy JLL Germany. „Möbel, mieterspezifische Technik und die ´kleinen Details` wie Pflanzen, Kunst, Deko, etc. werden in der Regel separat betrachtet.“ Genau hier liegt in der Regel auch der Unterschied zwischen Vermieter- und Mieterleistung. Eisenbarth: „Meist wird differenziert zwischen den Standards, die durch den Vermieter vorgesehen und auch durch die Miete bereits erfasst werden, und dem individuellen, auf den Mieter zugeschnittenen auf Möbel und Details bezogenen Endausbau.“
Grundausstattung oder nur Rohbau?
„In Deutschland wird immer noch fast ausschliesslich durch den Vermieter ausgebaut, während in den meisten anderen europäischen Ländern ein veredelter Rohbau angemietet wird, der dann durch den Mieter ausgebaut wird“, ergänzt Stephan Leimbach, Head of Office Leasing JLL Germany. „Entsprechende Ansätze gibt es auch in Deutschland, diese haben sich aber – auch durch Bedenken der Vermieter hinsichtlich Schnittstellen- und Gewährleistungsproblematik – noch nicht durchgesetzt.“ Dennoch stellt sich hier die Frage, ob es mit Blick auf die für Unternehmen immer wichtiger werdenden Workplace-Aspekte und den Ruf nach besserer „Human Experience“ im Büro als Eigentümer einer Immobilie nicht doch geschickter ist, seine Flächen so blank wie möglich zu belassen, um dem späteren Nutzer möglichst grossen Gestaltungsspielraum hinsichtlich seiner Philosophie und Arbeitskultur zu bieten.
„Man kann durchaus einen beginnenden Trend zum Mieterausbau erkennen“, sagt Stephan Leimbach und Stefanie Eisenbarth fügt hinzu: „Derzeit steht für Unternehmen beim Innenausbau immer noch das Thema Wohnlichkeit und Behaglichkeit im Vordergrund. Die Möbelhersteller unterstützen diese Nachfrage mit passendem Mobiliar und Materialien. Noch scheint es dabei zu bleiben, doch ähnlich wie in der Mode wird der nächste Trend nicht mehr lange auf sich warten lassen.“ Ein Grund mehr für verstärkten Mieterausbau?
Nicht unbedingt. Denn neben den genannten Unsicherheiten rund um Schnittstellen und Gewährleistung kommen auch finanzielle Faktoren hinzu. „Gebäude, insbesondere im Bestand, haben klare bauliche Parameter, die nachträglich nicht beliebig ‚auseinandergenommen‘ werden können. Ein Wunschkonzert des Mieters ist daher nur bedingt möglich und würde in vielen Teilen überdurchschnittliche Kosten und Umsetzungslaufzeiten hervorrufen“, so Stefanie Eisenbarth. „Die eigene Unternehmenskultur lässt sich ja auch nicht nur über einen Komplettausbau räumlich verwirklichen, sondern über durchdachte Raumaufteilungen und ein stimmiges Einrichtungskonzept. Sie zeigt sich in vielen Details wie den Unternehmensfarben im Mobiliar, dem Unternehmenslogo und auch in der Ausstattungsqualität. Entsprechend wichtig ist, dass durch den Eigentümer eine dem Gebäude entsprechende Qualität an verwendeten Bau- und Grundausstattungsmaterialien zur Verfügung gestellt wird.“
Und das ist nicht ganz uneigennützig. „Wertige Materialien, Nachhaltigkeit, besondere Ausstattungsmerkmale wie bereits eingebaute Küchen oder Lounges und wertige Toilettenanlagen oder eine schön ausgebaute Dachterrasse heben natürlich die Attraktivität und damit auch den Wert einer Immobilie“, sagt Stephan Leimbach. „Und rechtfertigen damit auch eine etwas höhere Miete
Flexibilität
Genauso wichtig wie die Ausstattungsqualität ist auch die Gebäude-Flexibilität. Generell kommen Planung und Entwicklung einer zukunftsfähigen Büroimmobilie heute nicht mehr ohne aus. Entsprechend müssen Raum- und Tragestrukturen sowie Materialien gewählt werden. Komplette Stockwerke ohne Wände sollten genauso möglich sein, wie ein Mix aus Einzelbüros und offenen Bereichen. Auch Bestandsgebäude sollten, sobald eine Modernisierung ansteht, entsprechend unter die Lupe genommen und neu ausgerichtet werden.
„Generell lässt sich nicht pauschalisieren, welche Art von Bürolayout und Ausstattung von Mietern bevorzugt wird“, sagt Stephan Leimbach. „Aber generell lohnt sich eine eher hochwertige und zum moderne Grundausstattung für Eigentümer und Vermieter. Hinsichtlich von Raumstrukturen und -aufteilung sind die Vorlieben natürlich zwischen einzelnen Branchen unterschiedlich: Rechtsanwaltskanzleien bevorzugen eher kleinteilige Aufteilungen, E-Commerce-Unternehmen grosse, offene Flächen und die räumlichen Möglichkeiten, kreative Bereiche einzurichten. Ideal ist, wenn Vermieter je nach vorherrschender Klientel leicht veränderbare Ausbauten anbieten können..“
Wieviel kostet eigentlich so ein Fit-out?
„Eine Grundsatzformel gibt es für die die Fit-out Kosten von Büroräumen nicht – weder für Eigentümer noch für Vermieter“, so Eisenbarth. „Es kommt immer darauf an, wo man Prioritäten setzt. Farbe kann Wände durch einen magnetischen und abwaschbaren Untergrund zu einem flexiblen Element machen, ist aber entsprechend teurer als die reine, normale Wandfarbe. Genauso werden teure Designerstücke mit IKEA Basics oder Möbel in Eigenherstellung kombiniert, unabhängig in welcher Bürostruktur gearbeitet wird.“
Hinzu kommen allgemeine und regionale Unterschiede. Wirtschaftszentren wie Paris oder Berlin gehören nach wie vor zu den europaweit kostenträchtigsten Standorten für Büroeinrichtungen. Hier zahlt man etwa 20 bis 30 Prozent mehr als im Durchschnitt. Auch Lieferprobleme und die in vielen Regionen schwierige Verfügbarkeit von Handwerkern und Bautrupps können Tempo und Kosten von Projekten beeinflussen.
Von Antje Dalichow